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Im Jahre 1999 wurden  zwei neue Raumschiffe auf dem Weg zum Mars geschickt: Der Mars Polar Lander (MPL), der in der Nähe des Mars-Südpols landen sollte, und der Mars Climate Orbiter (MCO) der - ähnlich wie  schon Mars Global Surveyor - den Mars über längere Zeit umkreisen und detaillierte Aufnahmen aus dem Orbit machen sollte. Leider war beiden Raumschiffen kein großes Glück beschieden. Mars Climate Orbiter wurde durch einen Navigationsfehler zu tief in die Marsatmosphäre geschickt und verglühte, während Mars Polar Lander aus ungeklärten Gründen bei der Landung abstürzte.

Mars Polar Lander (MPL)

MPL war ausgestattet mit einem Roboterarm zur Entnahme und Analyse von Bodenproben in der Nähe des Mars-Südpols und natürlich mit Kameras zur Erfassung des Landegebiets. Darüberhinaus sollte die komplette Landung mit einer an Bord befindlichen Kamera gefilmt sowie kurz vor der Landung 2 sogenannte Deep Space 2 Microprobes

Microprobe

ausgeklinkt werden, die separat auf dem Mars mit einer Geschwindigkeit von etwa 200 m/s aufschlagen und sich etwa 2-3 m tief in den Marsboden bohren sollten. Beide etwa baseballgroßen Minisonden sollten dann über einen Zeitraum von etwa 50 Stunden den Boden in dieser Tiefe nach Vorkommen von Wassereis absuchen. MPL flog ähnlich wie schon der Mars Pathfinder den Mars frontal an und sollte ohne vorher in einen Orbit geschwenkt zu sein, im Direktanflug landen.

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Diese sehr interessante Angelegenheit war nicht ohne große Gefahren. Eine Beschreibung dazu ist hier. Letztlich konnten diese Gefahren nicht erfolgreich gemeistert werden, die Sonde stürzte aus wohl für alle Zeiten ungeklärt bleibenden Gründen am 03.12.1999 ab. Auch die Deep Space 2 Microprobes lösten sich nicht und gingen mit dem Raumschiff unter.

Mars Climate Orbiter (MCO)

MCO hatte ähnliche Aufgaben wie der Mars Global Surveyor: nach Einschwenken in eine hochelliptische Umlaufbahn, bei dem der gesamte Treibstoffvorrat des Haupttriebwerks aufgebraucht werden sollte, sollte durch Aerobraking, d.h. allmähliches Bremsen durch Eintauchen in die Marsatmosphäre, seine Umlaufbahn über einen Zeitraum von 2 Monaten in eine circulare sonnensynchrone Umlaufbahn von etwa 400 km Höhe übergeführt werden. Danach sollte er über ein ganzes Marsjahr (687 Erdentage) das Klima beobachten, meteorologische Experimente durchführen und den Mars hochaufgelöst photographieren.

moi2.gif (20015 Byte)

Die Nasa hat ebenfalls eine Seite veröffentlicht, die die Orbit-Insertionsphase detailliert beschreibt. Eine (deutsche) Zusammenfassung davon ist hier. Bei Mars Climate Orbiter wurden durch einen simplen Navigationsfehler die Ziele alle verfehlt. Beim Einschuß in die Marsumlaufbahn wurden englische Maße und die zugehörigen metrischen Aquivalente bei der Berechnung des erforderlichen Schubs verwechselt. Dadurch flog MCO mit hoher Geschwindigkeit zu tief (etwa 57 km Höhe anstatt mindestend 85 km) durch die Atmosphäre des Mars und verglühte am 23.09.1999.

Flugbahn

Beide Sonden wurden auf einer Bahn, die mehr als 180 Grad um die Sonne herumführt, einer sog. Type II Trajectory, zum Mars geführt. Durch einen solchen Kurs werden bei Marsankunft die Relativgeschwindigkeiten zwischen anfliegender Sonde und Planet minimal, sodaß die Orbit-Insertion bzw. die Frontallandung erleichtert werden. Dabei waren insgesamt jeweils 4 Bahnkorrekturmanöver vorgesehen, sog. Trajection Correction Maneuvers, TCMs, zwei nach dem Start, zwei kurz vor Erreichen des Mars. Die Daten im einzelnen:

Vorgänge

Mars Climate Orbiter (MCO)

Mars Polar Lander (MPL)

Start 11.12.1998 03.01.1999
vorauss. Mars-Ankunft 23.09.1999 03.12.1999
TCM-1

21.12.1998

2.8 minütiges Feuern der Navigationsdüsen veränderte die Geschwindigkeit um 19.1 m/s. Hiermit wurde in die richtige Richtung zum Mars eingeschwenkt. Die ursprüngliche Bahn  ist neben den Mars gerichtet, um den Aufschlag der 3. Raketenstufe auf den Mars zu vermeiden.

21.01.1999

3 minütiges Feuern der Navigationsdüsen veränderte die Geschwindigkeit um 16 m/s. Damit wurde erst in die eigentliche Marsanflugbahn eingeschwenkt, um zu verhindern, daß Teile der 3. Raketenstufe auf dem Mars aufschlagen.

TCM-2

04.03.1999

Durch Feuern der Navigationsdüsen über 8.2 s wurde der Geschwindigkeitsvektor um 0.86 m/s verändert. Damit sind Ungenauigkeiten aus TCM-1 korrigiert worden.

15.03.99

Durch Feuern der Navigationsdüsen von etwa 10s Dauer wurde der Geschwindigkeitsvektor um 0.89 m/s geändert. Damit sind die Ungenauigkeiten von TCM-1 korrigiert worden.

TCM-3

25.07.1999

Das 3.3 m/s-Manöver hat das Raumschiff nun genau auf Kurs gebracht.

01.09.99

Eine 30s-Zündung der Manövertriebwerke veränderte den Geschwindigkeitsvektor um 2.3 m/s (etwa 8.2 km/h) und legt nun damit den Landeort auf 76 S, 195 W nahe des Mars-Südpols fest.

TCM-4

15.09.99

Durch eine 15s Zündung des Haupttriebwerkes wurde der Kurs für den Einschuß in die Marsumlaufbahn am 23.09.99 festgelegt auf eine minimale Höhe von 193 km Höhe über dem Nordpol des Mars.

30.10.99

Um 10:28 Uhr wurde durch eine 12s Zündung der Manövertriebwerke das weitere Feintuning des Landeortes für den 3. Dezember 1999 erfolgreich durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt war der Lander noch 14.3 Mio km vom Mars entfernt und näherte sich mit einer Geschwindigkeit von 4.8 km/s seinem Ziel.

Marsankunft

23.09.99

Durch einen Navigationsfehler wurde die minimale Höhe über Grund beim Einschuß in die Marsumlaufbahn von lediglich 57 km erreicht, was zum Verglühen des Raumschiffes in der Marsatmosphäre und zum Absturz führte. Die minimale Höhe hätte mindestens zwischen 85 und 100 km liegen müssen, um eine sichere Passage durch die Marsatmosphäre zu gewährleisten.

03.12.99

Nachdem bis zum Eintritt des Raumschiffes in die Marsatmosphäre alles nach Plan gelaufen war, konnte bis 07.12.99 00:00 Uhr trotz mehrfacher Versuche keine Verbindung zum gelandeten Raumschiff auf der Marsoberfläche aufgebaut werden. Auch konnte der im Orbit befindliche Mars Global Surveyor keinerlei Lebenszeichen des gelandeten Raumschiffes auffangen. Höchstwahrscheinlich ist es bei der Landung aus ungeklärten Gründen zu Problemen gekommen, die dann in letzter Konsequenz zum Absturz geführt haben. Im Mai 2005 konnte das Geheimnis des Absturzes durch Mars Global Surveyor gelichtet werden: der Orbiter fotografierte den Lander auf der Marsoberfläche, siehe Beschreibung unten auf dieser Seite.

Über den Verbleib von Mars Polar Lander gab es jahrelang keine weiteren Informationen. Die Landung war zunächst ohne Komplikationen angelaufen. Die späteren Sonden wie z.B. die Mars Exploration Rover übertrugen die während der Landung anfallende Telemetrie direkt zu den beim Landevorgang über dem Horizont vorbeifliegenden Orbitern wie z.B. dem Mars Global Surveyor oder Mars Odyssey, um bei einem eventuellen Scheitern zumindest den Grund des Scheiterns zu wissen. Beim Mars Polar Lander waren im Jahre 1999 solche Übertragungen noch nicht vorgesehen, auch das Scheitern des europäischen Landers Beagle 2 an Bord von Mars Express Ende 2003 konnte deshalb nicht aufgeklärt werden. Mars Polar Lander hatte ebenfalls anders als Mars Pathfinder keine Airbags, die Stöße oder unvorhergesehene Ereignisse bis zu einem gewissen Grade abfiltern konnten, es mußte alles bis ins Detail klappen, was es aber augenscheinlich nicht tat. Der Orbiter Mars Global Surveyor suchte in den Tagen und Wochen nach der verunglückten Landung das vorausberechnete Landegebiet eingehend ab. Es konnte allerdings kein weiteres Lebenzeichen von Mars Polar Lander aufgefangen werden.

Erst im Mai 2005 - nach fast 6 Jahren - änderte sich dies. Mittlerweile waren die technischen Möglichkeiten der Kameras von Mars Global Surveyor durch neue aufwendige Aufnahmetechniken, bei denen z.B. der Orbiter während des Orbits über dem Zielgebiet manuell nachgeführt wurde, entscheidend verbessert worden. Am 06. Mai 2005 gelang es, die gescheiterte Sonde aus dem Orbit heraus zu fotografieren ! Der Lander war offensichtlich intakt gelandet, die durch die Landetriebwerke aufgetretenen Änderungen am ansonsten eisbedeckten Langegebiet sowie die kurz vor dem Aufsetzen abgeworfenen Landefallschirme konnten direkt lokalisiert werden.

Mars Polar Lander Landezone

Mars Polar Lander auf dem Eis des Mars-Südpols

Bild A zeigt die berechneten Landeellipsen des Raumschiffes, Bild B die dem potentiellen Landegebiet am nächsten liegende Hochauflösungsaufnahme aus dem Jahre 1999. Das von Mars Global Surveyor im Mai 2005 aufgenommene Bild C zeigt die von der Sonde bei der Landung verursachten Änderungen auf der Marsoberfläche: den abgeworfenen Landefallschirm und die durch die Landetriebwerke aufgetretene Schwärzung des Marsbodens in den Bildern D und E. Der helle Punkt im durch den Triebwerksschmauch verursachten schwärzeren Bereich des Eisgebietes in der Nähe des Mars Südpols zeigt direkt den Lander in der Mitte.

Mittlerweile lässt sich der gescheiterte Landevorgang wie folgt reproduzieren (hier ist eine detailierte Beschreibung des ursprünglich geplanten Landeablaufes): alles funktionierte zunächst perfekt wie vorgesehen; nach dem Abwurf der Bremsfallschirme, die für den Abbau der Geschwindigkeit während des Hauptteils der Landung sorgten, begannen ab einer Höhe von 1.4 km über Grund die bordeigenen Landetriebwerke zu arbeiten. Der Bordcomputer sollte die Triebwerke für etwa 36 - 40s steuern, danach wäre die Sonde noch etwa in einer Höhe von 4 - 10m über Grund gewesen. Durch in die Landestützen eingebaute Sensoren sollte dem Hauptcomputer der Bodenkontakt gemeldet und die Triebwerke abgeschaltet werden. Das Raumschiff wäre aus etwa 1 - 2m Höhe antriebslos auf den Boden 'gefallen' und weich gelandet.

Die Landestützen wurden 100 s vor der Landung in etwa 10 km Höhe korrekt ausgefahren, als das Raumschiff noch an seinen Fallschirmen hing. Die Sensoren für den Bodenkontakt waren direkt in den Füssen integriert. Offenbar gab es für den Bordcomputer durch atmosphärische Kontakte der Landebeine (Reibung, Fluktuationen des Windes, Temperatureffekte) Probleme mit der exakten Definition des Bodenkontaktes. Er muss in einer Höhe von etwa 30 - 35m über Grund - das war nach etwa 28 - 30s (75%) des triebwerksgesteuerten Abstiegs - gedacht haben, er habe Bodenkontakt und stellte die Triebwerke ab. Damit fiel das Raumschiff aus dieser Höhe antriebslos auf die Marsoberfläche und es wurden wohl im wesentlichen die empfindlichen Funkeinrichtungen und die Bordcomputer so stark beschädigt, dass keine Kommunikation mit der Erde oder dem überfliegenden Orbiter mehr möglich war. Ein Airbag wäre hier sicherlich sehr nützlich gewesen. Das Raumschiff als Ganzes blieb allerdings intakt, wie der kleine weisse Punkt auf der Marsoberfläche zeigt.

Mars Global Surveyor wird im (Erden-) Spätjahr 2005 noch einmal eine hochaufgelöste Aufnahmesession der Region machen, um möglicherweise noch bessere Bilder des Raumschiffes zu bekommen. Das Landegebiet liegt im Marswinter unter einer dicken Schicht gefrorenen Kohlendioxids in der ewigen Polarnacht. Im Mai 2005 zu Beginn des Marsfrühlings auf der Südhalbkugel wurde es hier gerade erst wieder hell und die Sichtverhältnisse würden sich bei Voranschreiten des Frühlings weiter verbessern. Mal sehen, was noch kommt.


Letzte Änderung: 07.05.2005