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MGS Nasa Logo

Der Mars Global Surveyor, kurz MGS, war dazu konzipiert, die Marsoberfläche mit einer hochauflösenden Kamera zu kartographieren und geologische Untersuchungen zur Geschichte des Mars zu unternehmen. Ausserdem sollten potentielle Landeplätze für weitere Marsmissionen - eventuell sogar für spätere bemannte Missionen - untersucht werden. Die Aufnahmeperiode sollte sich über ein ganzes Marsjahr (= 687 Erdtage) erstrecken und dabei jahreszeitlich bedingte Änderungen erfassen.

Eigentlich sollte der schon 1992 gestartete Mars Observer, der mit der identischen Ausrüstung des MGS auf den Weg geschickt worden war, diese Aufgabe erledigen. Die Mission war allerdings ein Totalausfall, da am 21. August 1993, beim Einschwenken in die Marsumlaufbahn, Mars Observer teilweise explodierte. Seine Überreste befinden sich nun auf einem ewigen 500 Tage-Orbit um die Sonne.

Aufgrund von Budgetschwierigkeiten bei der NASA durfte das Gesamtprojekt nicht mehr als 160 Millionen Dollar kosten. Deshalb waren keine aufwendigen Triebwerke oder redundante Instrumente bzw. große Treibstoffreserven wie  noch bei den früheren Viking-Missionen möglich. Man entschloß sich daher, die Einbremsphase in den Marsorbit so kurz wie möglich und damit  treibstoffsparend zu gestalten und dann mit Hilfe der Reibung an der Marsatmosphäre auf eine niedrige, sonnensynchrone und circulare Umlaufbahn abzubremsen. Dieses sogenannte 'Aerobraking' (Luftbremsen) würde natürlich relativ lange dauern, da bei jedem Durchlauf durch die nur dünne Marsatmosphäre die Geschwindigkeit nur um einen kleinen Betrag zu vermindern war.

Flug und Marsorbit

Der 1062 kg schwere Mars Global Surveyor wurde am 07. November 1996 an Bord einer Delta-7925 Rakete gestartet und erreichte nach problemlosen Flug den Mars am 11. September 1997, etwa zwei Monate nach Mars Pathfinder. Durch eine 25-minütige Zündung des Haupttriebwerkes wurde MGS vom Gravitationsfeld des Mars eingefangen und in eine hochelliptische  Umlaufbahn mit 44h 59m Dauer pro Umlauf gezwungen. Der Abstand von der Marsoberfläche schwankte dabei von etwa 262 km bei der Periapsis (bahnnächster Punkt) bis hin zu etwa 54000 km bei der Apoapsis (bahnfernster Punkt der Umlaufbahn), also nicht sehr geeignet fuer eine Photosession.

Durch Absenken des bahnnächsten Punktes auf ungefähr 110 km Höhe über der Marsoberfläche begann am 17. September 1997 die Phase des Aerobraking,  d.h. allmähliches Absenken der Apoapsis-Höhe bei jedem Umlauf, um schließlich eine zirkulare Umlaufbahn von etwa 300 km Höhe gleichbleibend  über der Oberfläche zu erreichen.

Die Aerobraking-Phase sollte ursprünglich etwa 4 Monate dauern. Am 11. Oktober kam es jedoch zu einem Zwischenfall, der die Funktionsfähigkeit von MGS ersthaft gefährdete. Durch den Druck der Atmosphäre auf die für das Bremsen eingerichteten Sonnenpaddel, löste sich teilweise die  Halterung eines der für das Funktionieren der Sonde unverzichtbaren  Energieversorgungsträger, die schon beim Start nicht richtig eingerastet  war, endgültig aus seiner Verankerung und verbog das Sonnenpaddel in   gefährlicher Weise.

Sofort wurde die Höhe der Periapsis auf etwa 400 km angehoben und damit die Durchqerung der Marsatmosphäre, aber auch der Bremsvorgang, abgebrochen. Nach eingehender Untersuchung stellte sich der Schaden als nicht so  gravierend heraus, wie im ersten Schrecken angenommen, doch einigte man sich darauf, die Kräfte auf das Sonnepaddel nicht ganz so groß werden zu  lassen wie geplant. Die Periapsis wurde auf eine Höhe von minimal etwa 120 km eingependelt, was die auftretenden Kräfte in Grenzen halten sollte und letztlich auch hielt.

Am 07. November 1997, nach einigen Wochen der Analyse, wurde das Aerobraking dann mit den neuen Bahnparametern wieder aufgenommen. Man hatte jetzt allerdings ein Zeitproblem. Zum einen war aufgrund der etwas höheren Umlaufbahn im planetennächsten Punkt die Bremswirkung pro Umlauf geringer als geplant, zum anderen mußte aber unbedingt eine sogennannte polare, "sonnensynchrone 2 Uhr-Umlaufbahn" erreicht werden, damit die photographischen Aufnahmen und auch einige andere der geplanten Experimente immer bei gleichen Licht- und Temperaturverhältnissen durchgeführt werden konnten. Eine polare, 'sonnensynchrone 2 Uhr-Umlaufbahn' führt dazu, daß das Raumschiff den Marsäquator genau (!)  von Süd nach Nord auf der Tagseite an einer Stelle kreuzt, die einer lokalen  Zeit von 2 Uhr nachmittags entspricht. Entsprechend wird auf der Nachtseite der Marsäquator dann von Nord nach Süd dann genau 1 Stunde später überflogen.

Eine solche Umlaufbahn war unverzichtbar für den Erfolg von MGS aber  aus bahnmechanischen Gründen im alten Zeitplan nicht mehr zu erreichen.  Der Zeitplan wurde deshalb geändert. Eine sonnensynchrone 2 Uhr-Umlaufbahn konnte glücklicherweise nach eingehenden Berechnungen immer noch erreicht werden, allerdings nur sehr viel später als ursprünglich geplant.

Deshalb wurde diese Phase des nun langsameren Aerobraking nach 6 Monaten im Mai 1998 unterbrochen und eine Pause bis November 1998 eingelegt. In dieser Zeit wurden die wissenschaftlichen Instrumente alle eingeschaltet und mit der eigentlichen Arbeit begonnen. Während dieser Pause schwenkte die orbitale Bahn langsam in die für das weitere Bremsen notwendige Geometrie ein.

Ein Großteil der Bilder und anderen wissenschaftlichen Daten stammt aus dieser Zeit vom Sommer und Herbst 1998.

Ab November 1998 wurde die wissenschaftliche Arbeit von MGS wieder unterbrochen und die Periapsis für weitere 6 Monate auf unter 130 km Höhe gesenkt und damit mit der Bremsung durch die Marsatmosphäre fortgefahren. Die Höhe der Apoapsis verminderte sich dabei mit jedem Umlauf stückweise von über 50000 km auf schließlich nur noch 506 km.

Am 04. Februar 1999 wurde durch erneute Zündung des Haupttriebwerkes die Periapsis durch Veränderung des Geschwindigkeitsvektors um 61 m/s nun ebenfalls von 110 km auf eine Höhe von 381.5 km angehoben, das Raumschiff damit aus der Atmosphäre herausgehoben und die Phase des Aerobraking somit endgültig beendet.

Weitere Trimmmanöver waren notwendig, um das Feintuning der MGS Umlaufbahn weiter an die Erfordernisse der polaren,  sonnensynchronen 2 Uhr-Umlaufbahn anzupassen. Diese Feinmanöver dauerten bis Mitte März 1999, danach begann dann die endgültige Wissenschaftsphase der hochaufglösten Kartierung der KOMPLETTEN Marsoberfläche über ein volles Marsjahr (insgesamt 687 Erdtage) hinweg.

Ausserdem war MGS als Funkrelaisstation für die beiden Ende 1999 beim Mars eingetroffenen Sonden Mars Polar Lander, der am Mars-Südpol landen sollte, und des  Mars Climate Orbiters sowie für die 2003 gestarteten Mars Exploration Rover vorgesehen. In dieser Funktion beschleunigte der Orbiter die Kommunikation der Oberflächensonden mit der Erde erheblich, da er eine schnelle X-Band-Verbindung mit seiner Hauptantenne zur Erde aufbauen konnte, während die Lander mit dem Orbiter nur über energiesparendes UKW kommunizieren mussten.

Die Parameter der erreichten MGS-Umlaufbahn um den Mars waren:

Höhe Peripasis: 367.8 km
Geographische Länge der Periapsis: 86.8 Grad s.L. (also fast genau über dem Mars-Südpol)
Orbitalperiode: 1h 57m 0s
Höhe Apoapsis: 438.5 km
Inklination: 92.910 Grad
Peripsisargument: 268.8 Grad
mittlere Sonnenzeit (LMST) auf der absteigenden Bahn: 2 Uhr 03 Minuten.

Ergebnisse

Ein Bericht über den Beginn der Kartierungsarbeiten findet sich hier.

Mars Global Surveyor hatte bis Ende 2003 etwa 134.000 Bilder zur Erde übertragen, 671 Millionen Höhenmessungen gemacht und 151 Millionen Spektren gewonnen. Es war damit eines der erfolgreichsten Raumschiffe der NASA. Die Bilder sind im Internet herunterladbar (oder auch hier). Im Mai 2005 gelang es Mars Global Surveyor, seine beiden mit ihm im Marsorbit befindlichen Schwesternschiffe Mars Odyssey und Mars Express im Vorbeiflug zu fotografieren ! Das Raumschiff vollendete am 09. Juli 2005 seinen 30.000 sten Orbit und lieferte weiterhin jede Menge Bilder und andere wissenschaftliche Ergebnisse.

Die neuesten Nachrichten über die Aktivitäten dieses Veterans sind in einer eigenen Seite zusammengefasst..

Bernd Leitenberger gibt hier auf seinen Seiten eine sehr ausführliche Beschreibung des Raumschiffes, seiner Bordinstrumente und seiner überaus erfolgreichen Mission.

Die Mission sollte bis zum Ende des Treibstoffvorrates oder maximal bis zum 01.01.2003 laufen (allerdings dann nur noch als Relaisstation für die 1999 und 2001 zu landenden Missionen). Durch den Verlust des Mars Climate Orbiters war MGS bis Ende 2001 der einzige Mars Orbiter. So wurde die Mission mehrfach verlängert. Zuerst bis April 2002, dann bis Ende 2004. Zuletzt hat Malin Space Systems, Hersteller der Bordkamera, die Mission bis Ende 2006 verlängert. Dann wird der Orbiter Mars Reconnaissance Orbiter mit einer gegenüber MGS hochmodernen Ausrüstung seinen Routinebetrieb aufnehmen und MGS damit weitgehend überflüssig sein.

MGS war eines der erfolgreichsten Unternehmungen der NASA. Am 2. November 2006 kam es nach einem Befehls-Upload zu einem Problem bei der Bewegung der Solarpaneele. Dadurch ging die Ausrichtung der Hauptantenne zur Erde verloren und die Verbindung brach ab. Vermutlich war eines der Paneele in der Bewegung festgefressen, wodurch die optimale Ausrichtung zur Sonne nicht mehr gewährleistet war. MGS konnte nur mit vollständig funktionsfähigen Sonnenpaddeln seine Energie erhalten. Nach vergeblichen Bemühungen, die Verbindung wiederherzustellen wurde das Raumschiff am 21. November 2006 nach Verbrauch aller Energiereserven als verloren erklärt.

Am 13. April 2007 veröffentlichte die NASA einen Abschlußbericht über die Ursache des Verlust des Raumschiffes. Eine Verkettung mehrerer, für sich allein stehend jeweils unkritischer Vorfälle, war in der Summe für den Verlust des Raumschiffes verantwortlich:

  1. Im Juni 2006 wurde zur Verbesserung der Hauptantennenausrichtung eine Änderung an der Betriebssoftware des Raumschiffes irrtümlich auf eine nur geringfügig falsche Speicheradresse des Hauptspeichers hochgeladen. Dadurch wurden die automatischen Sicherungen für die maximal möglichen Antennenpositionen wegen Überschreibung der Speicheradressen mit den Grenzwertparametern der Hauptantenne außer Kraft gesetzt. Außerdem führte dies dazu, daß während möglicherweise auftretender Sicherheitsschaltungen aufgrund von Software- oder Hardwareproblemen ("safe mode") die Ausrichtung der Hauptantenne undefiniert und unkontrolliert geschehen konnte. All dies blieb unbemerkt.
  2. Am Tage des Ausfalls, dem 2. November 2006, wurde zunächst ein falsches Kommando hochgeladen, welches zur Überschreitung der maximalen Ausrichtungsposition der Sonnenzellen führte und auf der Erde als "Festfressen der Solarpaneelbewegung" interpretiert wurde. Das Sicherheitssystem von MGS sprang daraufhin korrekt an und versetzte das Raumschiff in den "Safe Mode", bei dem alle aktiven Aufgaben abgebrochen wurden und das Raumschiff in den "Grundzustand" versetzt wurde, um auf weitere Befehle von der Erde zu warten. Hierzu gehörte eine sofortige Ausrichtung der Hauptantenne auf die Erdposition zur Sicherstellung der Kommunikation.
  3. Wegen des Ausfalls der Sicherungsschaltungen für die Hauptantenne aus dem Juni 2006 geschah die Hauptantennenausrichtung unkontrolliert und überschritt dabei die eigentlich für sie geltende maximale Sicherheitsposition. Außerdem wurde sie nicht korrekt zur Erde ausgerichtet. Dadurch wurde eine der Hauptbatterien der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt, was diese innerhalb kürzester Zeit überhitzte. Wegen der fehlenden Erdkommunikation konnte dieser kritische Zustand nicht zur Erde übermittelt werden.
  4. Die Sicherheitsautomatik für die Stromversorgung an Bord des Raumschiffes interpretierte die Überhitzung der Batterie als Überladung und reduzierte den Ladestrom, und zwar für BEIDE (!) vorhandenen Batterien. Dadurch entlud sich allmählich auch die zweite, zu diesem Zeitpunkt noch funktionsfähige Batterie. Dies blieb wegen fehlender Erdkommunikation leider unbemerkt.
  5. Innerhalb der nachsten 6 Umläufe in den nächsten 12 Stunden entlud sich daraufhin auch die zweite Batterie, was zum Totalausfall der Stromversorgung an Bord des Raumschiffes und schließlich zu dessen Verlust führte. Die missionskritische Situation wurde auf der Erde erst nach einigen Tagen in ihrer vollen Bedeutung erkannt. Nach dieser Zeit gab es jedoch ohne Strom keine Möglichkeit mehr, die Situation nachträglich wieder unter Kontrolle zu bringen.
  6. Mars Global Surveyor war verloren und wird nun die nächsten 50 bis 100 Jahre weiterhin um den Mars kreisen, bis das Raumschiff irgendwann in der fernen Zukunft in der Marsatmosphäre verglühen wird.
Fazit: Ursache für den Verlust des Raumschiffes war ein inkonsistenter Programmspeicher hervorgerufen durch mangelhafte Sicherheitskontrollen beim Hochladen von Programmupdates auf das Raumschiff. Speicherüberschreibungen ("Memory Leaks") waren möglich und wurden nicht automatisch erkannt. --> Microsoft läßt grüssen :-)


Letzte Änderung: 14.04.2007