Das Marsis-Experiment an Bord von Mars Express


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Eines der wichtigen Experimente an Bord von Mars Express, das MARSIS-Radar, sollte im April 2004 einsatzbereit sein. Zu diesem Radar gehört eine 2x20 m lange Dipolantenne, die zu beiden Seiten des Raumschiffes ausgefaltet werden muss und eine 7 m lange Monopolantenne genau senkrecht dazu in der Mitte des Orbiters, siehe nachstehende Schemazeichnung.

Mars Express

Sie ermöglicht aufgrund der verwendeten tiefen Arbeitsfrequenzen die Untersuchung des Marsbodens bis in eine Tiefe von 5 km auf das Vorhandensein von Wasser. Unmittelbar vor dem Entfalten der Antenne im Februar 2004 zeigten Untersuchungen bei Simulationen auf der Erde, dass beim Ausfahren der überlangen Antennenpaddel durch Zurückschwingen Teile des Raumschiffes getroffen werden bzw. durch unkontrollierte Bewegungen der Antenne die Lageorientierung des Orbiters im Raum in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Daher wurde das Marsis-Experiment zunächst einmal zurückgestellt. Die folgenden Bilder zeigen schematisch das Marsis-Experiment und die Geometrie der Antennen am Raumschiff.

Marsis2

Marsis2

Marsis1

Antennen eingeklappt

MEX mit entfalteten MARSIS-Antennen

Schematischer Betrieb

Nach über 8 Monaten eingehender Simulationen und detaillierter Experimente auf der Erde erwiesen sich die möglichen negativen Auswirkungen auf das Raumschiff während des Ausklappvorganges als kleiner als zunächst befürchtet. Daher beschloss die ESA Ende Januar 2005 die MARSIS-Antenne Anfang Mai 2005 auszufahren und dieses wichtige Experiment doch noch auszuführen. Nur noch ab Mai 2005 war die Orbitalgeometrie für die Wasseruntersuchung der interessantesten Stellen auf dem Mars bis etwa Dezember 2005 einigermassen optimal, dass mit dem Experiment nicht länger gewartet werden konnte.

Auch hierbei traten unvorhergesehene Zwischenfälle auf. Die Antenne war erst am 17.06.2005 komplett ausgefahren, nachdem es einige Probleme mit einer der 20 m langen und aus 13 Einzelstücken bestehenden Hälfte gegeben hatte. Es musste eigens erst ein spezielles Verfahren der Orientierungsänderung des Orbiters mit einhergehendem Erwärmen von Teilen der Marsis-Antenne bei direkter Sonneneinstrahlung entwickelt werden, um diese anfänglichen Probleme mit der Verriegelung der Einzelstücke der Antenne überwinden zu können.

Die Marsis-Antenne bestimmt durch Radarmessungen bei verschiedenen Frequenzen im Bereich der nächsten Annäherung des Raumschiffes an die Planetenoberfläche während seiner orbitalen Flugbahn (sog. Periapsis) die Konsistenz des Bodens anhand der gemessenen Radarechos. Dafür ist eine umfangreiche Eichung notwendig, um später die Effekte, die durch die Topologie der Marsoberfläche verursacht werden von den Daten der tieferen Bodenschichten subtrahieren zu können.

Durch die fast einjährige Verspätung bis zur Einsatzbereitschaft des Marsis-Radars waren die ursprünglichen Messpläne alle Makulatur. Nur Messungen während der Marsnacht konnten Aufschlüsse über das Wasser im Marsboden geben, während des Marstages wurden die sehr kleinen messbaren Effekte durch die energetisch aktivere Ionosphäre (die oberen Schichten der Marsatmosphäre) überlagert. Die Periapsis der Flugbahn von Mars Express lag nur bis Ende Juli 2005 auf der Nachtseite des Planeten, von Anfang August 2005 bis in den Dezember 2005 hinein lag der Punkt der nächsten Annäherung des Orbiters an die Marsoberfläche auf der Tagseite des Planeten und erlaubte somit nur Messungen der Aktivitäten der oberen Mars-Ionosphäre.

Von Mitte Juni 2005 bis zum 04. Juli 2005 dauerten die Eichungen des Marsis-Radars, danach fanden bis zum 02. August 2005 die ersten direkten Messungen statt. Die beiden 20m langen Seitenantennen ("Dipolantenne") sendeten dabei mit verschiedenen Frequenzen Radarstrahlung auf den Mars und massen die Radarechos. Während der Eichphase mussten dabei die Einflüsse der Topologie der Marsoberfläche auf die Messungen ermittelt werden, um sie später in den eigentlichen Messungen von Wasser herausrechnen zu können. Die Messungen fanden statt für jeweils 36 Minuten pro Orbit während der Periapsis der Flugbahn, dabei 26 Minuten im tiefen Frequenzbereich zur Messung der tieferen Bodenschichten und jweils 5 Minuten vorher und nachher bei höheren Frequenzen zur Ermittlung der Einflüsse des Marsbodens und der Marsatmosphäre. Aufgrund der Flugbahngeometrie umfassten die Messungen im tiefen Frequenzbereich nur Bereiche zwischen 30 und 60° nördlicher Breite, ein Gebiet auf dem Mars, wo es wenn überhaupt nur sehr wenig Möglichkeiten zur Wasserbestimmung gab.

Die Interpretation der Messergebnisse wird in den folgenden Wochen und Monaten geschehen, wenn Mars Express sich wieder während seiner Peripasis auf der Tagseite des Mars seinen fotografischen Aufgaben widmet. Ab Dezember 2005, wenn die Periapsis dann wieder auf der Nachtseite liegt, wird dann zunächst die zentrale 7m lange Monopol-Antenne geeicht, die es in Kombination mit den 20m langen Dipolantennen ermöglicht, die Rauhheit der Marsoberfläche zu ermitteln und von den bis dahin aufgelaufenen Messergebnissen abzuziehen. Ab Mitte Dezember 2005 und in den Wochen danach können dann endlich die Marsis-Messungen die Bereiche der Mars-Südhalbkugel und vor allen Dingen die Gebiete um den Mars- Südpol herum erreichen, in denen mögliche Wasserschichten unterhalb der Oberfläche vermutet werden.

Auf einer Pressekonferenz der ESA am 30. November 2005 wurden die ersten Ergebnisse des Marsis-Experimentes der Öffentlichkeit vorgestellt, sie auch die Originalseite der ESA. Die folgenden Bilder zeigen die erstaunlichen Resultate des Marsis-Radars, die schon zu diesem frühen Zeitpunkt des Einsatzes erhalten werden konnten:

Abb.1: Diese MARSIS 'radargram' Bilder zeigen Echos einer ungefähr 250 km durchmessenden, kreisförmigen Struktur im Boden des Mars, die als Einschlagkrater interpretiert werden können. In beiden, etwa 50 km voneinander entfernten Orbits entdeckte das MARSIS-Radar eine Serie kreisförmiger Reflektoren, die keinerlei Entsprechung in der Oberflächentopographie haben. Im unteren Bild sieht man einen zur Obrfläche fast parallelen linearen Reflektor, der in die kreisförmigen Strukturen eingebettet zu sein scheint. Diese Relektionen werden durch den Boden des Kraters verursacht. Die Tiefe der Objekte kann aufgrund der Signalstärke der Reflexionen auf etwa 1.5 bis 2.5 km angesetzt werden.

Abb. 2: Diese topografische Karte der durch Lasermessungen gewonnenen Daten zeigt die Bodenspuren der beiden Mars Express Überflüge sowie die durch MARSIS entdeckten kreisförmigen Strukturen eines etwa 250 km durchmessenden Einschlagkraters in der Chryse-Ebene. Die durch Farben gekennzeichneten Höhenunterschiede umfassen 1 km, vom niedrigsten Level (in lila) zum höchsten Level (in rot). Die projezierten Kreise zeigen in rot die MARSIS-Daten des MEX-Orbit 1892 und in weiss die des Orbits 1903. Die mit MARSIS identifizierten untermarsianischen Strukturen in etwa 2 km Tiefe haben keinerlei Entsprechungen an der Oberfläche.

Abb.3: Diese MARSIS Radarbild zeigt oben Daten aus der untermarsianischen Boden in den Schichten des marsianischen Nordpols. Das untere Bild zeigt die zu diesen Daten gehörende topographische Entsprechung. Beide Bilder zeigen einen 458 km breiten Ausschnitt um den Mars Nordpol herum. Das MARSIS Radarecho ist nach rechts zum Zentrum hin in zwei Spuren aufgeteilt, wo das Raumschiff aus der flachen Ebene kommend die höher gelegenen, geschichteten Ablagerungen des Marsnordpols überflog. Das obere Echo ist von der Oberfläche erhalten, die untere Spur entsteht durch die Grenze zwischen den wässrigen Ablagerungen und dem unterliegenden Material. Die Stärke des Signalechos lässt darauf schliessen, dass es sich bei dieser untermarsianischen Struktur um reines Wassereis handelt. Die Schichtdicke dieser Eislinse ist etwa 1.8 km ! Die Höhendifferenz auf diesem Abschnitt ist etwa 2 km zwischen den tiefsten (lila) und den höchsten Regionen (orange).

Schon diese ersten Ergebnisse zeigten, dass die mit der Marsis-Antenne erhaltenen Daten die bisherigen Annahmen vollauf bestätigten: es gibt große Mengen von Wasser in den tieferen Bodenschichten des Mars. So wurden in der Chryse-Ebene, in der vor mehr als 25 Jahren Viking 1 gelandet war, ein großes unterirdisches Eisfeld von mehr als 250 km Durchmesser gefunden. Zwei weitere unterirdische Lagerstätten, die nahe des Mars-Nordpols gefunden wurden, sind über einen Kilometer dick und bestehen aus nahezu reinem Wassereis, das nur mit 2% verunreinigt ist. In tieferen Zonen besteht der Boden aus einer betonartigen Mischung aus Sand und Wassereis.

Dies ESA geht in einer ersten Bewertung der Ergebnisse davon aus, dass rund 90 Prozent des auf dem Mars noch vorhandenen Wassers wahrscheinlich unter der Oberfläche steckt und die restlichen zehn Prozent sich an den Polkappen und in der Atmosphäre befinden.


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Letzte Änderung: 02.12.2005