Phoenix auf der Oberfläche


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Am 21. Oktober 2008, an Sol 145 von Phoenix auf dem Mars, gab die NASA bekannt, dass nun alle für die weitere Analyse vorgesehenen Proben in die verschiedenen Analysenlabore des Landers eingefüllt seien, und mit der Analyse begonnen werden sollte. Die energieintensiven Bewegungen des Probenarms waren vorrangig ausgeführt worden, um mit Voranschreiten des nördlichen Marssommers Richtung Beginn des Herbstes abgeschlossen sein zu können. Die Sonne blieb nun länger und länger unter dem Horizont und am Standort des Landers in den nördlichen Polarregionen des Mars wurde es von Tag zu Tag länger dunkel. Waren zu Anfang der Mission, während die Sonne 24 h am Tag nicht unterging, die täglich aufgenommene Energiemenge um die 3500 Wh/Tag, so war das Raumschiff nur bis zu einer minimalen täglichen Energiemenge von etwa 800 - 1000 Wh/Tag überlebensfähig. Sank die tägliche Energiemenge darunter, konnten die überlebenswichtigen Batterien nicht länger geheizt werden und der Lander würde seine Funktionen wegen Energiemangels einstellen. Es wurde erwartet, dass er mit Beginn der nördlichen Polarnacht unter mehr als 5 m Trockeneis begraben werden würde.

Soweit war es aber am 22. Oktober 2008 noch nicht. An Sol 146 auf dem Mars maß Phoenix eine maximale Tagestemperatur von -40°C und eine minimale Nachttemperatur von -95°C. Die Sonne schien noch mehr als 15 h am Tag und die täglich aufgenommene Energiemenge lag bei etwa 2000 Wh/Tag. Trockeneis, also festes CO2, würde bei dem herrschenden Luftdruck von 7.38 mbar erst ab einer Temperatur unterhalb von -120°C aus der Atmosphäre ausfrieren. Es blieb also genügend Zeit, um die eingefüllten Bodenproben analysieren zu können.

Übrigens der Luftdruck: Er hatte im Mai 2008 zur Zeit der Landung noch bei 8.2 mbar gelegen, d.h. hatte seitdem kontinuierlich um fast 1 mbar (d.h. fast 10% !) abgenommen. Diesen Effekt gab es so auf der Erde nicht. Durch massiv am Südpol ausfrierendes Trockeneis während des dortigen Marswinters nahm der CO2-Partialdruck am Mars-Nordpol deutlich ab, d.h. die Luft wurde hier dünner ! Es gab also eine erhebliche Verlagerung der Luftmassen vom Nord- zum Süddpol und natürlich während des nordpolaren Winters umgekehrt vom Süd- zum Nordpol. Dies ging zwangsläufig mit dem planetaren Wettergeschehen einher, denn dieser Luftmassenaustausch bestimmte einen Großteil des marsianischen Wettergeschehens. Daher also das aufgewühlte Wetter und die vielen Wolken am Standort von Phoenix.

Durch die Aktivitäten des Probenarms wurde das Landerdeck ordentlich mit Marsboden eingedeckt, wie das folgende Bild von Sol 142 zeigt:

Landerdeck an Sol 142
Abb. 1: Landerdeck an Sol 142. Das Einfüllen der diversen Bodenproben hat deutliche Spuren hinterlassen. Ganz links am Bildrand das nasschemische Labor MECA mit seinen vier gitterartigen Einfüllöffnungen, in der Bildmitte formatfüllend das TEGA-Massenspektrometer mit seinen acht Einfülltüren an beiden Seiten. Davor rechts befindet sich das von der Erde mitgebrachte Organic Free Blanket OFB, von dem Referenzproben garantiert ohne organische Verunreinigungen entnommen und zur Eichung des TEGA benutzt werden konnten.

Phoenix beschränkte sich ab Sol 140 im Wesentlichen darauf, die vom Raumschiff angelegten Gräben auf Veränderungen, speziell auf das Auftreten von Frost, zu untersuchen. Hier einige der Ergebnisse:

Upper Cupboard an Sol 142 Upper Cupboard an Sol 142
Abb. 1: Der Graben "Upper Cupboard" an Sol 142. Wie man sieht, ist um etwa 15:30 Uhr lokaler Zeit bereits der Abend angebrochen (relativ lange Schatten !), aber Eisbildung ist nicht zu sehen. Das rechte Bild zeigt mit einer rotgrün-Brille das Ganze in 3D.
Dodo/Goldilocks an Sol 142 Dodo/Goldilocks an Sol 142
Abb. 2: Der Graben "Dodo/Goldilocks" ebenfalls an Sol 142 gegen 16:00 Uhr Ortszeit. Auch hier keinerlei Eisniederschlag. Das rechte Bild zeigt mit einer rotgrün-Brille das Ganze in 3D.

Die Temperaturen sanken mit dem tiefer stehenden Sonnenstand allmählich. Im nächsten Bild zeigte sich wie auch schon andernorts der erste Morgenfrost:

Landerdeck an Sol 142
Abb. 3: Leicher Frostniederschlag am Morgen des Sol 141. Es handelt sich um Wassereis, denn bei den herrschenden Temperaturen ist die Bildung von Trockeneis (festes CO2) noch nicht möglich. Der Niederschlag löst sich mit steigenden Temperaturen während des Tages wieder auf. Diese Gegend wurde täglich immer wieder aufgenommen, um Veränderungen zu erfassen. Sie liegt südöstlich des Landers.

Am 28. Oktober 2008, an seinem Sol 152, begann für Phoenix langsam aber sicher der Anfang vom Ende. Wegen schlechten Wetters mit starker Bewölkung am Wochenende des 26. Oktobers war die Energieaufnahme durch die Solarzellen unterdurchschnittlich gewesen und die Batterien des Raumschiffes hatten sich stärker als erwartet geleert. Daher wurde an diesem Tag die erste von vier Heizungen abgestellt, um Strom zu sparen: Der Instrumentenarm, die Armkamera und das eingebette Leitfähigkeitsinstrument TECP, sowie das TEGA-Labor wurden ab diesem Zeitpunkt nicht mehr geheizt. Die Arbeit des Instrumentenarms wurde eingestellt, und der Arm vorher in definierter Position auf dem Marsboden geparkt. Diese Maßnahme sparte täglich etwa 250 Wh Energie. Über die Weiterfunktion des TEGA und die Analyse der eingebetteten Bodenproben wurden keine Aussagen gemacht.

Drei weitere Heizungen hielten eine "Pyrotechnical Initiation Unit" (bisher nie explizit genannt), die Hauptkamera mit der meteorologischen Station und den Raumschiffkörper selbst mit seinen eingebauten Batterien warm. Diese würden bei Bedarf ebenfalls nacheinander in dieser Reihenfolge abgeschaltet werden. Damit konnte Phoenix mit eingeschränkter Funktionalität weiter arbeiten bis zum Ende der Hauptbatterien.

Am 30. Oktober 2008, an Sol 153, zeigte es sich, daß die Energiesituation des Landers kritischer als gedacht war. Phoenix hatte seinen Hauptcomputer ab- und auf den B-Computer umgeschaltet. Außerdem dekaltivierte er eine seiner beiden Hauptbatterien aus unbekannten Gründen. Wegen der sehr kalten zurückliegenden Nacht mit bis zu -96°C hatten sich unerwartet die energiehungrigen Heizungen beider Batterien eingeschaltet und wegen ihres schlechten Ladezustands trat offenbar der Extremfall ein und Phoenix ging in den "Power Fault"-Modus. Der Lander konnte allerdings von der Erde sofort wieder reaktiviert werden. Für die folgenden Tage wurden sämtliche Aktivitäten eingestellt und versucht, die Batterien aufzuladen. Außerdem wurde über die tags zuvor gemachte Ankündigung hinaus auch die zweite interne Heizung, die für die 'Pyrotechnical Initiation Unit', ebenfalls auf Dauer abgeschaltet.

Trotz aller dieser Maßnahmen verstummte Phoenix am nächsten Tag unerwartet. Erst durch den eingebauten sog. "Lazarus-Modus", eine Art Selbstrettungsprogramm bei größeren Schwierigkeiten, meldete sich Phoenix nach bangen Stunden am späten Donnerstagabend des 30.10.2008, nach fast 20h Schweigen, wieder beim Orbiter Mars Odyssey. Der Lander hatte sich zuvor rebootet und alle Stromverbraucher, einschließlich Kommunikation, Heizungen, usw., rigoros abgeschaltet und über 17h hinweg die Batterien mit absoluter Priorität wenigstens teilweise aufzuladen versucht. Bei Überschreitung eines minimalen Schwellwertes für die Batterieladung hatte er danach begonnen, alle 2h mit den überfliegenden Orbitern Verbindung aufzunehmen, um auf Anweisungen zu warten. Am späten Donnerstagabend des 30. Oktober 2008 ist ihm dies mit Mars Odyssey kurz gelungen und die Erdleitstelle hatte vorübergehend wieder Kontakt zu Mars Phoenix.

Intensive Untersuchungen in den nächsten Tagen zeigten die Ursachen für diese Probleme: Phoenix ging jeden Nachmittag in den "Power Fault"-Modus, weil sich die Batterien geleert hatten. Am nächsten Morgen, nach einigen Stunden Sonnenschein, aktivierte sich der Lazarus-Modus und Phoenix ging wieder online mit dem Versuch, die Orbiter zu kontaktieren. Der Lazarus-Modus war dabei ein Teil des Problems, denn leider wurde bei jedem Zyklus an jedem Tag die Borduhr wieder auf Null gesetzt. Diese bedeutete, daß Phoenix die abgelaufene Missionszeit vergessen hatte und zusammen mit der Information der Landesensoren über das Stehen auf festem Boden annehmen mußte, daß der Start zum Mars entweder noch nicht stattgefunden hatte, oder aber irgendetwas Größeres schiefgegangen sein mußte. Daraufhin versuchte der Hauptcomputer, einen Orbiter zu erreichen. Er schaltete seinen Sender ein und strahlte ein Hilfesignal aus. Leider ohne Kenntnis der Uhrzeit jeweils zu Zeiten, wo die Orbiter nicht über dem Horizont standen, denn diese überflogen den Phoenix-Landeplatz jeweils am Nachmittag gegen 15 Uhr und morgens gegen 3 Uhr, also zu Zeiten, als die Batterien schon wieder leer waren. Wegen des polaren Standortes von Phoenix und weil die Orbiter alle zwei Stunden in Polnähe vorbeiflogen, konnte trotzdem manchmal eine - wenn auch schlechte - Verbindung von Phoenix zu den Orbitern hergestellt werden, die aber nicht ausreichend war, um neue Kommandos ins Flash des Landers laden zu können. Nach kurzer Zeit waren die Batterien des Landers durch den energiefressenden Transmitter wieder erschöpft und am nächsten Tagen begann das Spiel von Neuem.

Anfang November 2008 herrschte nur etwa 7h vollständige Dunkelheit pro Tag- und Nachtzyklus. Offenbar reichte die verbliebene Sonnenscheindauer aber nicht mehr aus, um die Batterien des Landers auf Dauer aufladen zu können. Die Steuerleute auf der Erde versuchten daher, während der täglichen Kommunikationsversuche, geänderte Kommandosequenzen in das nichtflüchtige Flashmemory des Landers zu transferieren, um den Reset der Borduhr zu unterbinden und die Situation dadurch wieder unter Kontrolle zu bekommen. Wenigstens ein teilweises Funktionieren des Landers sollte noch möglich sein, z.B. definierte Abschaltvorgänge bei Energiemangel. Wegen der abnehmenden Lichtverhältnisse mit Voranschreiten der Jahrezeit würde sich die Energiebilanz auf keinen Fall mehr verbessern, d.h. die Tage des Landers waren also gezählt.

Am 29. November 2008 (Sol 182) begann die alle zwei Jahre stattfindende solare Konjunktion, bei der wegen der Stellung der Sonne in der direkten Verbindung zwischen Mars und Erde keinerlei Kommunikation mit dem Raumschiff möglich war. Die Zeit des totalen Verbindungsausfalls dauerte bis etwa 15. Dezember 2008 (~Sol 200). Bis zum Beginn der solaren Konjunktion sollte die Heizung für die Batterien noch funktionieren, allerdings konnte nichts darüber ausgesagt werden, welches Schicksal der Lander während des zweiwöchigen Verbindungsausfalls erleiden würde. Es wurde damit gerechnet, dass der Lander im Dezember 2008 nicht mehr würde antworten können, da seine Batterien wegen fehlender Heizung bereits ausgefallen sein könnten. Ab diesem Zeitpunkt konnte dann nur noch Mars Reconnaissance Orbiter mit seiner Hochauflösungskamera das weitere Schicksal von Phoenix verfolgen.

Die Lage verschärfte sich allerdings schon vorher entscheidend. Ab dem 5. November 2008 konnte keinerlei Verbindung mehr mit Phoenix aufgenommen werden, das Raumschiff blieb stumm und damit die genaue Situation vor Ort unbekannt. Am 11. November 2008 erklärte die NASA die Phoenix-Mission offiziell für beendet. Phoenix trat seinen langen Winter in Vastitas Borealis an ...

GoodBye von Phoenix

Für alle Interessierten: hier ist ein 49-minütiger Vortrag (in englisch) von Chris McKay, einem Mitarbeiter der Phoenix-Mission von der Universität Arizona, über die Details der Phoenix-Mission bei YouTube (Stand: 6. Oktober 2008):


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Letzte Änderung: 11.11.2008