Phoenix blieb auch in der dritten Augustwoche 2008 nicht untätig. Nachdem die Anfang des Monats aufgekommene Perchlorat-Problematik (siehe hier) noch nicht endgültig geklärt werden konnte, wurde in der Zeit vom 11. bis 17. August 2008 durch weitere Grabungsaktivitäten versucht, das Rätsel zu lösen. Noch einmal zur Erinnerung: Phoenix hatte durch die nasschemische Analyse im MECA das Anion Perchlorat (ClO4)- in der Probe aus "Rosy Red" nachgewiesen (siehe hier), was allerdings durch Analyse im anderen hierfür geeigneten Instrument, dem Massenspektrometer und Pyrolyseinstrument TEGA bis dahin nicht bestätigt werden konnte. Sollte wirklich Perchlorat an dieser Stelle im Marsboden vorhanden sein, hatte sich das Thema "Leben auf dem Mars" erledigt, denn in Gegenwart dieses starken Oxidationsmittels war an das Vorhandensein von organischen Molekülen nicht zu denken. Jegliche organischen und nichtorganischen Moleküle wären sofort in Gegenwart von Perchlorat in letzter Konsequenz zu Chlorid (Cl-) und CO2 als Reaktionsprodukte abgebaut worden.
Im Zuge der Arbeiten wurden eine Reihe von neuen Gräben angelegt. Siehe dazu den Grabungsbereich mit den aktuellen Bennennungen:
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Abb. 1: Heftige Grabungsaktivitäten Mitte August 2008 führten zu einer Anzahl von neuen Gräben. Die Abbildung zeigt den Grabungsbereich von Phoenix mit den aktuellen Benennungen bis Sol 68. |
Es wurden neu angelegt die Gräben "Cupboard" und "Neverland". Daneben wurden aus weiteren Entnahmenstellen "Rosy Red3" und "Stone Soup" Probenmaterial für die verschiedenen Analyseninstrumente entnommen. Hier die zugehörigen Bilder aus dem Bereich "Cupboard/Stone Soup" und die neu angelegten Gräben bei "Burn Alive":
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Abb. 2a: Neue Gräben des Bereichs "Stone Soup" neben "Dodo-Goldilock" an Sol 76: "Upper Cupboard" unmittelbar rechts neben dem seit mehreren Wochen bestehenden Graben "Dodo-Goldilock" neben dem kleinen Felsbrocken "King's Men" am rechten unteren Ende von "Upper Cupboard". Darunter: "Lower Cupboard". |
Abb. 2b: Auch unter "Stone Soup" setzt sich der bereits in "Dodo-Goldilock" gefundene untermarsianische Wassereisblock fort, siehe das Eis im oberen Bereich des Grabens, teilweise vom Probenarm verdeckt. Allerdings war jetzt klar, daß dieser Eisbereich direkt unter dem Lander in die Tiefe des Marsbodens abkippte. Die Abdeckung mit sandähnlichem Bodenmaterial war umso dicker, je näher man sich nach "Süden" hin auf den Lander zubewegte. |
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Abb. 3: Ab Sol 75 begann Phoenix den Bereich "Burn Alive" zu graben, direkt links neben dem bereits seit Anfang der Mission bestehenden Graben "Snow White" im äußersten rechten Bereich der Grabungszone rechts außerhalb dieses Bildes. Der Felsbrocken etwas links von der Bildmitte heißt "Alice", die beiden Löcher oberhalb rechts davon "Rosy Red" und "Rosy Red 2", aus denen Proben für den TEGA-Pfen 5 entnommen worden waren. Der Doppelgraben rechts von "Alice" ist "Burn Alive", aus dem eine weitere wassereishaltige Probe für das TEGA entnommen werden soll. |
Zur endgültigen Bestimmung von Perchlorat im TEGA wurde eine weiterer Ofen dieses Instrumentes am 14. August 2008 (Sol 79) vorbereitet und geöffnet, der Ofen 8 auf der Seite des TEGA, die von Anfang an Probleme bei der Türöffnung aufwies. Die Türen dieses Ofens hatten das gleiche kleine Problem wie der allererste geöffnete Ofen Nr. 5 rechts hinten am TEGA: ein Türflügel öffnete sich vollständig, der andere nur in einem Winkel von etwa 45°, was allerdings für die Beschickung mit einer Bodenprobe kein größeres Problem darstellte:
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Abb. 4: Ofen Nr. 8 des TEGA öffnete sich ohne größere Probleme genau wie der allererste benutzte Ofen Nr. 5 mit nur einer teilweisen Bewegung des einen Türflügels. |
Eine Menge Grabungsaktivitäten in dieser Woche ! Die Ergebnisse liessen noch eine Weile auf sich warten. Interessant in diesem Zusammenhang ist, daß in einer chloridreichen Bodenschicht in der Gegenwart von Sauerstoff (möglicherweise atomarer Sauerstoff aus der Photodissoziation von Wasser) die Verbindung als Perchlorat das stabilste Chlorid-Molekül unter den aktuellen Bedingungen (Temperatur und Druck) an dieser Stelle auf dem Mars ist. Perchlorat entwickelt sich hierbei aus Monohypochlorid (ClO-) oder Hypochlorid (ClO2)- über Chlorat (ClO3)- durch Disproportionierung, was das nächsthöhere "Chloridoxid" und Chlorid bildet. Der Motor dafür ist die Bildung der energetisch stabilsten Form als Perchlorat (ClO4)--Molekül (Chlor in der Oxidationsstufe +7) mit seiner molekularen Tetrahederstruktur und der stabilen chemischen Bindung aller acht abgehenden Chlorid-Elektronen durch die jeweils zwei Bindungselektronen eines der umgebenden Sauerstoffatome. Dies ergibt nach außen ein einfach negativ geladenes und sehr stabiles Anion. Unter diesen Bedingungen ist das Vorhandensein von Perchlorat also eigentlich ganz normal.
Einen schönen Blick über das Landerdeck zeigt das nächste Bild, das in der Ausgabe der "Aviation Week" vom 11. August 2008 auf den Seiten 6 und 30 im Phoenix-Report von Craig Covault mit dem Titel "Martian Chronicles Revisited" benutzt wurde. Es stammt von den in der Bildunterzeile genannten Autoren Kenneth Kremer und Marco Di Lorenzo.
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Abb. 5: Blick über das Landerdeck Mitte August 2008. |
Neben all den Arbeiten zur Analyse der Chemie des Bodens an der Landestelle begannen an Sol 73 die Aufnahmen zu einem weiteren Panorama, dem "Happily Ever After"-Panorama (kurz: "Happy Pan"). Diese Aufnahmen würden die restliche Zeit der Mission andauern und ein hochaufgelöstes Panorama mit dem 10fachen des bisherigen "Peter Pan"-Datenvolumens unter Einbeziehung aller vorhandenen Filter und einer geringeren Bildkompression ergeben. Einige initiale Aufnahmen zu diesem Hochauflösungspanorama sind hier:
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Abb. 6a: Erster Teil des "Happily After Ever"-Panoramas in Farbe und in 3D. Der Blick geht nach Nordosten auf das Randgebirge des Kraters Heimdall. |
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Abb. 6b: Blick von Phoenix nach Norden auf das Randgebirge des Kraters Heimdall in 3D. Mit einer rotgrün-Brille zeigt sich besonders deutlich, wie wellig die Marsoberfläche an dieser Stelle eigentlich ist. |
Die Jahreszeit auf dem Mars schritt mit der Missionsdauer voran, genau wie der marsianische Nordsommer mit der Mitternachtssonne am Standort von Phoenix nördlich des Polarkreises. Am 16. August 2008 war für Phoenix Sol 81. Der erste wirkliche Sonnenuntergang an der Landestelle wurde für Sol 94 erwartet. Der sichtbare Horizont Richtung Nordwesten lag wegen der Höhenzüge an dieser Stelle etwa 0.5° höher als das mittlere Bodeniveau. Dies würde den 'richtigen' ersten Sonenuntergang um 5 Tage vorziehen, also an Sol 89/90 zum ersten Mal mit Dunkelheit an der Landestelle einhergehen. Neben der schwächer werdenden Energieversorgung für Phoenix bot sich allerdings ab dann auch die Möglichkeit von echten Nachtuntersuchungen und der Gelegenheit, die Eisbildung an dieser Stelle auf dem Mars zu beobachten.
Das folgende Bild zeigt die Mitternachtssonne gegen 00:09 Uhr an Sol 80, dem 15. August 2008:
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Abb. 7: Mitternachtssonne an Sol 80 in einem Farbfoto. |
Die mögliche Eisbildung mit Voranschreiten der Jahreszeit, zunächst während der marsianischen Nacht, wurde ab Sol 80 mit in das Beobachtungsprogramm aufgenommen. Das folgende Foto zeit eine dazu ausgewählte Region in südöstlicher Richtung vom Lander, die immer wieder in der Folgezeit mit dieser Absicht fotografiert wurde. Sie ist besonders reich an Steinen, in deren Schatten Eis als erstes zu beobachten wäre. Hier ist allerdings an Sol 71 um 4:45 Uhr in der Frühe noch keinerlei Eisbildung zu beobachten:
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Abb. 8: Aufnahme zur Ermittlung von Bodeneisbildung an einem Testbereich in südöstlicher Richtung von Phoenix. Im Schatten der Steine würde sich bildendes Eis als erstes sichtbar werden, daher wurde diese Region in der Folge immer wieder mit dieser Absicht fotografiert. |
An Sol 79 hingegen gab es den ersten leichten Frost ! Der Niederschlag löste sich allerdings vor 6 Uhr morgens wieder auf. Ein erstes Indiz dafür, daß Phoenix härtere Zeiten bevorstehen würden ...
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Abb. 9: Der erste Frost am Standort von Phoenix ! Es war Tag 79 (14. August 2008) der Mission und er löste sich allerdings vor 6 Uhr morgens wieder auf. Damit begannen langsam härtere Zeiten für das Raumschiff. Es würde irgendwann komplett einfrieren und den nächsten nordpolaren Winter nicht überstehen können. |
Hier noch ein sehr schönes hochaufgelöstes Farbbild des Windmessers am Arm der meteorologischen Station von Sol 78. Man sieht deutlich Staubablagerungen am unteren Ende des Spiegels, der die Windrichtung und -stärke durch Auslenkung des Kevelar-Gewichts am unteren Ende für die Hauptkamera des Raumschiffes anzeigt:
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Abb. 10: Der Windrichtungsmesser am oberen Ende des Instrumentenarms zeigt an Sol 78 bereits deutliche Ablagerungen von rotem Marsstaub. |
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Änderung: 16.08.2008